„Ich gebe den Worten ein Kleid“

Arabische Kalligrafien sind das Medium von Shahid Alam. Der in Pakistan geborene und in Aachen lebende Künstler hat sich Gedichte von Rilke oder Schiller genauso wie jüdische, christliche und muslimische Gebete vorgenommen. Er versteht sich als Brückenbauer zwischen den Religionen.

Die Kirche, Evangelische Wochenzeitung für Berlin, Brandenburg, 5.6.2019

AUSZUG

Der Frieden, der Schöpfer des Neuen, das Licht – der Koran kennt 99 Bezeichnungen für Gott und nennt sie auch „Allahs schönste Namen“. Der Künstler Shahid Alam hat sie in einem Kunstwerk vereint. Jeder der 99 Namen steht auf Arabisch auf einer kleinen farbigen Glastafel. Alle Tafeln zusammen ergeben zwei große Tableaus, die die Eingangstür der Neuköllner Genezareth-Kirche wie ein Portal ins Morgenland umrahmen.

"99 Gottesnamen" von Shahid Alam, Auszug aus dem Buch "Musik für die Augen - Kalligraphien von Shahid Alam zu Tora, Bibel und Koran, Hrg. Andreas Goetze
„99 Gottesnamen“ von Shahid Alam, Auszug aus dem Buch „Musik für die Augen – Kalligraphien von Shahid Alam zu Tora, Bibel und Koran“, Hrg. Andreas Goetze

Die Schönheit der arabischen Schrift

In der Ausstellung „Du und Ich – Die Kinder Abrahams im Dialog“, die die Veranstaltungsreihe „Neukölln arabisch“ in der Berliner Genezareth Kirche eröffnet, wird die Schönheit der arabischen Schrift in den Kalligrafien von Shahid Alam gefeiert. Sie haben Texte aus dem Koran, der Tora und dem Neuen Testament zur Grundlage. Mal sehen die kunstvoll verschlungenen Buchstaben aus wie ein Sternenhimmel, mal wie ein Mantra, mal wie ein Reigen aus Tänzerinnen und Tänzern. Vertieft man sich in die Bilder, dann wirkt diese Kunst wie eine Meditation. „Ich gebe den Worten ein Kleid“, sagt Alam. Auch Gedichte von Rilke oder Schiller hat er sich vorgenommen. Die „Ode an die Freude“ ist ein Segelschiff aus Buchstaben, das einen in eine andere Welt entführt.

Schillers "Ode an die Freude" hat Alam als ein Segelschiff aus arabischen Buchstaben gestaltet, Copyright: Claudio Goosmann
Schillers „Ode an die Freude“ hat Alam als ein Segelschiff aus arabischen Buchstaben gestaltet, Copyright: Claudio Goosmann

Versöhnung der Religionen

Das Interkulturelle Zentrum der Genezareth-Kirche (IZG) will mit der Ausstellung nichts weniger als die Religionen versöhnen. Neben dem Künstler ist der pakistanische Botschafter zur Eröffnung gekommen. Shahid Alam emigrierte in den 70er-Jahren aus Pakistan nach Deutschland und lebt in Aachen. „Nirgendwo in der Welt wird die Kunst der Kalligrafie als Brücke zum interreligiösen Dialog so unterstützt wie hier“, lobt er. Seine Kunstwerke sind bislang in über 30 christlichen Gotteshäusern, aber noch in keiner einzigen Moschee gezeigt worden. Für seine Bilder habe er sich bewusst für Botschaften wie „Gott ist größer als unser Herz“ entschieden, die jeder Hindu, jeder Moslem und jeder Christ unterstützen könne.

Ökumenisches Gebet "Gott ist Gott", Auszug aus dem Buch "Musik für die Augen - Kalligraphien von Shahid Alam zu Tora, Bibel und Koran, Hrg. Andreas Goetze
Ökumenisches Gebet „Gott ist Gott“, Auszug aus dem Buch „Musik für die Augen – Kalligraphien von Shahid Alam zu Tora, Bibel und Koran“, Hrg. Andreas Goetze

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