Ein Leben ohne To-Do-Liste ist möglich

Meine Gesundheitscoach riet mir, zwischen den Jahren auf meine Listen zu verzichten. So wie andere sich vornehmen, mit dem Rauchen aufzuhören. Es stellte sich heraus, dass ich eine Listen-Junkie bin.

„Sieben Wochen ohne To-do-Listen“ ist mein Vorschlag für die nächste Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen ohne“. Ich komme darauf, weil ich seit Kurzem eine Gesundheitscoach habe. Ihre Beratung ist nicht billig, aber ich darf mir aussuchen, wo wir uns treffen. Bei einem Spaziergang in meinem Lieblingspark reden wir zum Beispiel darüber, wie ich besser schlafen kann oder mich weniger gestresst fühle.

Sie habe ihre Listen früher auch sehr geliebt, sagte meine Gesundheitscoach mit einem nachsichtigen Lächeln.

Meine erste Hausaufgabe war, einmal auf meine To-do-Listen zu verzichten. Wie bitte, dachte ich empört. Diese Listen sind doch das Praktischste der Welt. Man bekommt die zu erledigenden Dinge aus dem Kopf und kann nichts vergessen. Ja, sagte meine Gesprächspartnerin mit einem nachsichtigen Lächeln, sie habe ihre Listen früher auch sehr geliebt.

Noch keine Liste hat dazu geführt, dass ich mehr Zeit für die Dinge habe, nach denen ich mich wirklich sehne.

Sie riet mir, zwischen den Jahren mit dem Experiment anzufangen. So wie andere sich vornehmen, mit dem Rauchen aufzuhören. Es stellte sich heraus, dass ich nicht nur meine Listen liebe, sondern eine To-do-Listen-Junkie bin. Motto: Meine tägliche Liste gib mir heute! Ich habe nicht nur eine für die Arbeit, sondern auch noch eine für zu Hause. Kaum habe ich eine abgearbeitet, gebärt sie wieder eine neue. Am Ende fühle ich mich wie ein Hamster im Rad. Und noch keine Liste hat dazu geführt, dass ich mehr Zeit für Gebete und Kontemplation habe, wonach ich mich wirklich sehne.

Leben nach dem Lustprinzip.

Ich habe es also zwischen den Jahren probiert. Das ging noch ganz gut, weil ich Urlaub hatte. Die wenigen wichtigen Dinge hatte ich im Kopf, so wie es meine Beraterin prophezeit hatte. Leben nach dem Lustprinzip. Doch kaum begann am Jahresanfang die Arbeit, fühlte sich mein Alltag ohne Liste an wie ohne Netz und doppelten Boden.

Nicht ohne meine Liste! Mit dieser Angewohnheit bin ich glaube ich nicht allein. Während ich meine Listen noch auf Papier führe, sind unter meinen jüngeren Kolleginnen digitale To-do-Listen beliebt und der ganzheitliche Achtsamkeitskalender „Ein guter Plan“. Hier kann man täglich Listen führen über gesunde Ernährung und Dankbarkeit.

Also ich habe mir vorgenommen, jetzt erst mal nur mit einer Liste auszukommen. Über Ostern schaffe ich es hoffentlich wieder mal ganz ohne. Versuchen Sie es doch auch einmal!

Erschienen in Die Kirche – Wochenzeitung für Berlin und Brandenburg, 9.4.2023

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