Es war schwierig, in diesem Hiddensee-Urlaub, frischen Fisch zu bekommen. Nicht geräuchert im Brötchen, nicht im Restaurant auf dem Teller, sondern in der Pfanne gebraten und mit einem Glas Wein auf der Ferienterrasse verzehrt. Aber beim Fischer dieses Bootes hatte ich Glück.
Ich postete das Boot, das das beliebteste Fotomotiv am Strand von Vitte ist, bei den Hiddensee-Freunden auf Facebook und fragte: Wer weiß, welchem Fischer dieses Boot gehört und wann kann man bei ihm Fisch kaufen? Der entscheidende Tipp kam nicht aus der Community, sondern von unserer Vermieterin. Von ihr erfuhr ich, dass der Fischer nur ein paar Häuser entfernt wohnte. Ich stellte mir den Wecker und quälte mich früh aus dem Bett. Leider war er an diesem Morgen aber gar nicht fischen gewesen. Statt frischen Fisch gab es eine kleine Geschichte seines Lebens. Der Fischer, der seinen Namen nicht gern in der Zeitung lesen möchte, lernte mit 15 Jahren fischen. Er trägt einen typischen Hiddenseer Familiennamen und kann seine Vorfahren bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Als Erwachsener arbeitete er auf „großen Töppen“. Heute ist er an die 70 und fährt nur noch ab und zu zum Fang raus, weil es ihm Spaß macht und weil er selbst gern Fisch isst.
Am zweiten Morgen hatte ich Glück. Er hatte ein Prachtexemplar von einer Forelle gefangen, um die es mir bei ihrem Anblick auch sofort leidtat. Gekonnt entschuppte und filetierte er sie auf dem Hof hinter dem Haus, während seine Katzen nach den Resten lechzten. Mein Mann bereitete sie mit gerösteten Zwiebelringen zu. Es war das Köstlichste, was wir in diesem Urlaub gegessen haben. Zum Abschied gab uns der Fischer noch einen wichtigen Tipp: Zitrone macht man nur alten Fisch.
Erschienen in: „Hiddensee – Das Inselmagazin“, Ausgabe 2022/23, Herausgeberin Janet Lindemann, Verlagshaus Rügen-Druck
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